2004 startete das Projekt „Service-Wohnen Düsselthal“ der Graf Recke Stiftung und des Vereins INGAL. In 54 seniorengerechten Wohnungen ist seitdem ein eigenständiges Leben möglich, und zugleich eines in Gemeinschaft. Wer Unterstützung sucht, findet sie. Dieses Miteinander wurde beim Sommerfest mit Tag der offenen Tür zum Jubiläum einmal mehr spürbar. Und manche sind von Anfang an dabei.
Elke Repp hat Kuchen mitgebracht. „Für meine Mutter“, wie sie sagt, während sie diesen zu all den anderen Leckereien am Kuchenbuffet stellt. Rosi Hansen hat bei der Ausgabe derweil alle Hände voll zu tun, die Schlange ist lang an diesem Samstagnachmittag. Und genau so hatten sich das die Verantwortlichen gewünscht: Es ist Sommerfest beim Service-Wohnen Düsselthal, ein ganz Besonderes zumal. Gemeinsam wird bei Selbstgebackenem, Würstchen und kalten Getränken der 20. Geburtstag des Erfolgsprojekts gefeiert, verbunden mit einem Tag der Offenen Tür. Und dann passt auch noch das Wetter.
2004 realisierte die Graf Recke Stiftung mit dem eigens gegründeten Verein INGAL (In Gemeinschaft aktiv leben) e.V. das Wohnprojekt an der Grafenberger Allee in Düsseldorf. 54 seniorengrechte Wohnungen unterschiedlicher Größe, für Alleinstehende, Paare oder Wohngemeinschaften, stehen dort seitdem zur Verfügung; für Menschen die eigenständig leben, aber nicht unbedingt alleine sein möchten. Im Zentrum steht, im Wortsinne, das Gemeinschaftshaus, wo heute auch das Sommerfest stattfindet. „Hier wird auch an Karneval und Weihnachten gefeiert, und der eine oder andere Geburtstag“, betont Tamara Dux. „Das Wichtigste ist für mich, dass wir hier wirklich gemeinsam wohnen.“ Und dafür tut sie einiges.
Denn seit 2022 ist die 78-Jährige nicht nur Mieterin bei Service Wohnen. Kurz nach ihrem Einzug wurde sie gleich bei INGAL, in dem fast alle Mieter organsiert sind, in den Vorstand gewählt; neben Christiane Wolf als weiterer Mieterin sowie Kay Wiesner vom Einzugsmanagment der Stiftung. Man setze sich regelmäßig zusammen, „um zu besprechen, was wir uns wünschen und versuchen das umzusetzen“, sagt Tamara Dux. Im vergangenen Jahr habe man beispielsweise eine Opernsängerin gebucht, was sehr gut angekommen sei. Genauso wie etwa das Osterbrunch oder das gemeinsame Kochen im Herbst. Doch auch im Alltag passiert im und um das Gemeinschaftshaus schon einiges.
Das Wichtigste ist für mich, dass wir hier wirklich gemeinsam wohnen.
Angebote im Gemeinschaftshaus
Montags und freitags haben die Mieter etwa Gelegenheit, hier zusammen zu Mittag zu essen. Einmal wöchentlich gebe es ein Yoga-Angebot und seit kurzem eine Sitzgymnastik, berichtet Julia Schneider. Seit Mai 2024 ist Schneider erste Ansprechpartnerin im Servicebüro im Gemeinschaftshaus „und ein bisschen Mädchen für alles“, wie sie mit einem Lachen erläutert. So hilft sie etwa bei Anträgen oder vermittelt zu Angeboten wie Hauswirtschaftshilfen, Tagespflege oder dem ambulanten Pflegedienst recke:mobil. Dazu kümmert sich Julia Schneider um Ein- und Auszüge. „Ich möchte demnächst noch ein Gedächtnistraining aufbauen und eine stärkere Verknüpfung mit der Sozialpsychiatrie & Heilpädagogik der Stiftung auf dem Gelände erreichen“, sagt sie. Mitglied in der Stadtbezirkskonferenz sei man zudem längst, auch zu Vereinen und Kirchen besteht Kontakt.
Es ist dieser Gemeinschafts- und Nachbarschaftsgedanke, der das Wohnangebot zu etwas Besonderem macht. Das ist auch beim Sommerfest zu spüren, wo die Tische auf der Terrasse nach weniger als einer halben Stunde voll besetzt sind. Das Kuchenbuffet von Rosi Hansen hat sich indes bereits merklich geleert. „So muss das sein“, sagt sie und nickt zufrieden, als es gerade etwas ruhiger wird. Die 76-Jährige hat selbst einen Birnen-Streusel und eine Mandarinen-Schmand-Torte beigesteuert. „Das ist meine Art, ich kann schlecht zugucken“, erklärt sie ihr Engagement. Vor rund einem Jahr hatte sie es ihrer Freundin Tamara Dux gleichgetan und ist Mieterin an der Grafenberger Allee geworden, sie hat es nicht bereut.
Margrit Repp könnte sich ebenfalls nichts Besseres vorstellen: Die 87-Jährige ist tatsächlich von Anfang an dabei. Sie habe davor alleine gelebt und gemeinsam mit einer Freundin beschlossen, hier einzuziehen, erzählt sie. „Ich musste ein anderes Leben haben, und das habe ich hier.“ Sie habe sich sofort wohlgefühlt, sogar mehrere Gedichte darüber geschrieben. Margrit Repp strahlt – und schaut hinüber zu ihrer Tochter Elke. Diese lebt mit ihrem Mann in Essen-Kettwig und besucht ihre Mutter regelmäßig, ob mit oder ohne Kuchen. „Ich komme wirklich gerne zu Besuch, weil auch die Wohnungen so schön sind“, sagt die 64-Jährige. „Wenn ich alleine wäre, das wäre wirklich eine Option für mich.“
Konzept überzeugt
Das geht anderen offenbar genauso, viele aus der Nachbarschaft, die durch verteilte Flyer vom Tag der Offenen Tür erfahren haben, hatten die Möglichkeit zu einer Führung genutzt, berichtet Anja Paulus vom Referat Kommunikation & Kultur, die an der Organisation des Festes beteiligt war. „Auch wenn im Moment alle Wohnungen belegt sind“, wie sie anmerkt. Regina und Detlef Knut aus Oberkassel wissen das. Die beiden haben sich vor zwei Jahren auf eine Drei-Zimmer-Wohnung beworben. Für ein Paar seien diese ideal, berichten sie nach einer erneuten Besichtigung bei Kaffee und Kuchen. „Man wird ja älter, und dann geht es darum, in eine Umgebung zu ziehen, in der man Unterstützung findet“, meint Regina Knut. „Das Wohnkonzept hat uns überzeugt, auch die Anlage“, ergänzt ihr Mann.
Tamara Dux vom Verein INGAL ist vom großen Interesse nicht überrascht. Sie, die ihren Mann früh verloren hat und zuletzt alleine in einer großen Wohnung in Düsseldorf-Derendorf gewohnt hatte, schätzt vor allem das Miteinander. „Wir sitzen nachmittags oft hier draußen, wir trinken Kaffee, quatschen und lachen miteinander, manche spielen Boule oder Schach“, sagt sie. Was ihr wichtig ist: Es könne sich jeder dazusetzen, der möchte. „Wir sind jetzt in einem Alter, in dem man jeden Tag möglichst positiv gestalten sollte“, findet die 78-Jährige. Das gehe hier im Düsselthal, nicht nur beim Sommerfest.