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Andreas Brüssel und sein Team haben die Belastungen der Pandemie gespürt, wenngleich es in seinem Wohnbereich nur wenige Infektionen gab und diese Fälle zudem milde verlaufen seien. Doch die Belastung sei groß, sagt er, bis heute.

Andreas Brüssel, stellvertretender Leiter des Wohnbereichs 1 im Walter-Kobold- Haus, und sein Team haben die Belastungen der Pandemie gespürt. Der 39-Jährige erkennt eine gewisse Erschöpfung bei allen, »vom Hausmeister bis zur Hauswirtschaftskraft «, erzählt er. Und auch die Stimmung unter den Bewohnern und Bewohnerinnen sei gedrückt. »Man merkt, dass sie der Situation langsam überdrüssig sind.« Mit Blick auf den anfänglichen demonstrativen Applaus für die Pflegekräfte meint Andreas Brüssel, der Blick auf die Pflege habe sich nur kurz verändert. Er registriert vielmehr einen zunehmenden Egoismus in der Gesellschaft, »nach dem Klatschen auf den Balkonen kam nicht mehr viel«. Was ihm zudem Sorge bereitet: Dass die Pflege nach wie vor ein Imageproblem habe, der Beruf für viele als unattraktiv gelte. »Das kann zum Kollaps des Systems führen«, so seine Befürchtung. Nicht erst durch Corona.

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Weit mehr als ein Jahr arbeiten Pflegekräfte mittlerweile unter Coronabedingungen. Die anstrengenden Monate wirken nach. Dass sich Mitarbeitende der Graf Recke Stiftung dennoch immer wieder für diesen herausfordernden Beruf entscheiden würden, hat viel mit positiven Erfahrungen in den schweren Tagen der Pandemie zu tun. Andreas Brüssel und andere Mitarbeitende erzählen davon in der recke:in 2/2021, die Mitte Juni erschienen ist.

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Er selbst hat seinen Wechsel vom Mechatroniker hin zum Altenpfleger nie bereut. »Ich wollte Menschen helfen und einen Job mit Perspektive«, fasst er seine damalige Motivation zusammen. Dass er selbst nach den anstrengenden Monaten der Pandemie mit seiner Berufswahl glücklich ist, hat mit dem Zuspruch im direkten Umfeld zu tun, von den Bewohnern genauso wie von deren Angehörigen. »Das gleicht es aus«, sagt er lächelnd. »Der Beruf bereitet mir nach wie vor Freude, er gibt mir mehr, als er mir nimmt.«

Lernen, mit Corona zu leben

Und dennoch sehnt der Vater eines fünfjährigen Sohnes sich nach etwas Ruhe, wie er gesteht. »So ein Jahr braucht keiner mehr.« Doch es helfe ja nichts. Die Impfung werde zwar vieles verbessern, »aber wir müssen lernen, mit Corona zu leben. Wie mit der Grippe«, glaubt er. Und so ergeht sein Appell auch nach draußen, in der Pandemie jetzt noch mal durchzuhalten: »Wir müssen in dieser Situation alles tun, nicht nur, um uns selbst zu schützen, sondern vor allem die anderen«, sagt er mit Bestimmtheit. Dass Andreas Brüssel das schlicht »für eine Bürgerpflicht« hält, hat einen traurigen Hintergrund: Der 39-Jährige hat zwar keinen Bewohner, aber im Winter seinen positiv getesteten Vater verloren.

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