Lebensnah und echt - mitten im Leben trotz schwerer Demenz
Alltagsnormalität und soziale Teilhabe sind zentrale Anliegen im Ahorn-Karree. So soll auch der Dorotheenboulevard künftig dazu beitragen, dass 119 Menschen mit schwerer Demenz möglichst ein “Leben wie gewohnt” führen können. Ziel ist es, das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner zu steigern. Das Ahorn-Karree ist eines von vier Herzensprojekten im Jubiläumsjahr der Graf Recke Stiftung.
Fred Holzheuer lebt seit gut drei Jahren in der Facheinrichtung für Menschen mit schwerer Demenz im Dorotheenviertel Hilden, in dem bald das neue Ahorn-Karree eröffnen wird. Wie alle anderen Bewohnerinnen und Bewohner ist der 83-Jährige schwer an Demenz erkrankt. Fred Holzheuer ist heute in Begleitung seiner Tochter und der 79-jährigen Mitbewohnerin Gisela Weidmann in den noch unfertigen Dorotheenboulevard gekommen, um sich die Räume für einen inklusiven Einkaufsladen anzusehen. Auch wenn er seine Worte nach dem Gespräch vielleicht wieder vergessen wird: Seine Bedürfnisse sind echt und werden dabei helfen, den besonderen Einkaufsladen im geschützten Ahorn-Karree zu gestalten. „Der Laden sollte plan sein, keine Stolperecken haben“, sagt Holzheuer, der sich zudem eine Sitzmöglichkeit wünscht.
Wie eine kleine Mall
Der inklusive Einkaufsladen soll im Dorotheenboulevard entstehen. Das ist der zentrale Ort für Begegnungen und sozialen Austausch im Ahorn-Karree für insgesamt 119 Menschen mit schwerer Demenz. „Unsere Bewohner werden dort in zehn modernen Hausgemeinschaften leben, die ihnen Privatheit und gleichzeitig ein familienähnliches Miteinander bieten“, sagt Marek Leczycki, der die drei Senioreneinrichtungen im Dorotheenviertel Hilden leitet.
"Der Boulevard ist sozusagen die Brücke zwischen dem geschützten und offenen Bereich. Für mich ist der Dorotheenboulevard wie eine kleine Mall!“ Der Boulevard wird ein Bistro-Café mit Außenterrasse, einen Friseursalon, einen Veranstaltungssaal, eine lebendige Lobby und den besagten Einkaufsladen für die Bewohner wie auch für Angehörige, Mitarbeitende, Nachbarn und Gäste bieten. „So schaffen wir die umgekehrte Inklusion, um die soziale Teilhabe von Menschen mit schwerer Demenz zu fördern, die selbst nicht mehr die Möglichkeit haben, einfach in die Stadt zu gehen und beim Bummel Nachbarn zu treffen“, erklärt Einrichtungsleiter Leczycki. So holt er das Leben in die kleine Mall, in der bald schon geschäftiges Treiben herrschen soll.
Herzensprojekt
Zusammen einen möglichst eigenständigen Alltag leben, ist das Thema eines unserer vier Herzensprojekte, die Sie unterstützen können. Der inklusive Einkaufsladen im Dorotheenboulevard wird einen wichtigen Beitrag dafür leisten, ein Leben wie gewohnt trotz schwerer Demenz zu leben. Die Kosten dafür sind jedoch nicht regelfinanziert. Ob für die Anschaffung eines Einkaufskorbes, für Sitzgelegenheiten oder für Regale: Ihre Spende hilft uns dabei, für Menschen mit schwerer Demenz mehr als den Standard zu ermöglichen!
Einkaufsladen als Anregung
Der Einkaufsladen soll neben der Alltagsnormalität auch manche Bewohner anregen, sich wieder ans Einkaufen zu erinnern. „Zum Teil fehlen die Eindrücke, sie können jedoch wieder lernen, indem sie etwas begreifen und auch mit den Händen greifen können“, sagt Adelheid Reiners und ergänzt: „Womöglich weiß ein Bewohner nicht mehr, wie sich eine Melone anfühlt, weil sie immer bereits vorbereitet aus der Küche kommt.“ Die Bewohner können alleine in den Boulevard gehen oder auch mit ihren Angehörigen oder der Präsenzkraft, die für eine ganzheitliche Betreuung und Begleitung im Ahorn-Karree sorgt.
Im Laden solle es dann zwei Bezahlsysteme geben, erklärt Einrichtungsleiter Leczycki: eins für die Bewohner des Ahorn-Karrees und eines für Mitarbeitende, Angehörige und Besucher. „Die Angehörigen können dann nach dem Feierabend direkt bei uns noch nötige Besorgungen für Vater oder Mutter machen,“ sagt Leczycki.
Mehr als Standard – Spenden benötigt
Wann das zusätzliche Angebot eröffnen kann, ist aktuell noch unklar, sagt Marek Leczycki. Denn das besondere Vorhaben der Graf Recke Stiftung ist ein Angebot, das über die Regelversorgung hinausgeht und, anders als Pflege und Betreuung, nicht refinanziert ist. „Wir gehen hier über den Standard weit hinaus, und das wird nicht klassisch von den Kostenträgern finanziert. Deswegen brauchen wir engagierte Menschen, die so überzeugt sind vom Konzept wie wir“, sagt Marek Leczycki. Er freut sich über Spenden für den Einkaufsladen, damit so zum Beispiel die Ausstattung finanziert werden kann. Auf die Frage, wie das Leben im Dorotheenboulevard sein werde, sagt Marek Leczycki: „Echt!“
Wie kann es gelingen, Inklusion und Teilhabe zu ermöglichen, wenn Menschen mit schwerer Demenz in einer Einrichtung untergebracht werden müssen? Was nach einer großen Herausforderung für ein würdevolles Leben unter besonderen Umständen klingt, ist auch eine – und das hat die die Graf Recke Stiftung zu einem bundesweit bislang einmaligen Leuchtturmprojekt südlich von Düsseldorf besonders motiviert, es umzusetzen. Das Ahorn-Karree ist eines von vier Herzensprojekten im Jubiläumsjahr 2022 der Graf Recke Stiftung und setzt neue Maßstäbe in der Begleitung und Betreuung von Menschen mit schwerer Demenz. Was noch dringend fehlt, um das Vorhaben vollumfänglich umzusetzen, ist die weitere Unterstützung durch engagierte Menschen.