Kleine Stars in historischem Gemäuer
Zwölf Mal habe der Fotograf sie über die Wiese rennen lassen, erzählt Nico. Ganz so oft war es wohl nicht, aber Spaß hat es gemacht und das Ergebnis lässt sich sehen: Kita-Kinder der „Kinderarche Friedrichskothen“ in Ratingen-Lintorf zieren die Fahrerseite des Jubiläumsmobil zum 200. Geburtstag der Graf Recke Stiftung. Sie sind damit die Jüngsten, die das Jubiläumsmotto „Mit dem Herzen dabei“ nach außen tragen. Dass Jung und Alt gut zusammengehen, zeigt sich auch am Kindergarten selbst: Die Kleinen toben in wahrlich historischem Gemäuer, betreut von einem außergewöhnlichen Team.
Zwölf Mal seien sie über die große Wiese hinter der Kita gerannt, meint Nico. „Für den Fotografen.“ Ob es nicht eher drei Mal gewesen sei, hakt Daniela Drengenburg vorsichtig nach. Der Fünfjährige überlegt. „Aber bestimmt vier Mal“, sagt er dann. Doch ganz gleich, wie oft es tatsächlich war, es habe Spaß gemacht. Und gelohnt hat es sich allemal. Die Kinder der „Kinderarche Friedrichskothen“ in Ratingen-Lintorf wurden so zu kleinen Stars: Ihr Foto zierte bereits das Cover des Magazins recke:in der Graf Recke Stiftung sowie deren Social-Media-Auftritt. Zudem ist es zum 200. Geburtstag der Stiftung prominent platziert auf der Fahrerseite des Jubiläumsmobil, neben zwei Frauen aus dem heilpädagogischen Wohnhaus Hochdahler Straße und den beiden Senioren aus dem Haus Reckeblick im Graf Recke Quartier Neumünster. Sie stehen für die drei zentralen Motive „zusammen groß“, „zusammen stark“ und „zusammen alt“. Alt und Jung, das passt – in mehrfacher Hinsicht.
Daniela Drengenburg sieht das genauso und freut sich „über das tolle Foto“ von Dirk Bannert, das einen Ehrenplatz in der Kita erhalten hat. Daniela Drengenburg ist Leiterin des Kindergartens, der sich seit 2019 in Trägerschaft der Graf-Recke-Kindertagesstätten gGmbH befindet, und mit einer historischen Besonderheit aufwartet: Es ist das namensgebende Fachwerkhaus, in dem ein Teil der Kita untergebracht ist – und bereits 1588 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Dass die Hälfte des aktuell sechs Fachkräfte umfassenden Teams in Lintorf aus Männern besteht, ist darüber hinaus wohl einzigartig in der Region.
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Das habe sich so ergeben, meint Daniela Drengenburg mit einem Lächeln. Denn in der Tat, man kennt sich: Ein heutiger Kollege hatte früher in genau jenem Jugendzentrum gearbeitet, das sie damals als Jugendliche besuchte; ein zweiter leistete seinen Zivildienst in der Kita in Essen-Kettwig, in der sie einst als Gruppenleiterin tätig war. Der dritte Mann im Bunde schließlich habe in der Kinderarche ein Praktikum gemacht „und wollte unbedingt zurückkommen, was ich verstehen kann“, sagt Daniela Drengenburg und lacht. Doch damit nicht genug: Mit einer heutigen Kollegin leitete sie zudem einige Jahre gemeinsam eine eigene Kita in Essen-Kettwig.
Keine Frage: Das eingeschworene Team schätzt die vertrauensvolle Zusammenarbeit offensichtlich genauso wie das historische Gebäude, das bis 1912 als Schule diente und 1934 dann als Kindergarten eingeweiht wurde. „In modernen Bauten ist alles so gleich“, findet dessen Leiterin. „Hier ist es verwinkelt, es gibt unterschiedliche Deckenhöhen. Sogar der Klang in den Räumen ist jeweils anders.“ Das hat Charme, beeinflusst jedoch auch den Kita-Alltag. Offiziell sind die 44 Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt, eine im Altbau, eine im Anbau. „Aber wir haben das aufgelöst, kein Kind könnte sagen, zu welcher Gruppe es gehört“, sagt die Erzieherin. Vielmehr teile man nach den Funktionsräumen auf.
Im Neubau wird getanzt und geturnt
Im Altbau wird demnach hauptsächlich gegessen und geschlafen. „Es ist total gemütlich dort, aber zum Spielen nicht so attraktiv“, erklärt Daniela Drengenburg. Kinder bräuchten Platz, sie wollten sich bewegen, wollten tanzen und turnen. Dafür bieten sich der weitläufige Garten an – und der Neubau, wo neben dem Turnraum auch das Atelier und der große Gruppenraum untergenbracht sind. Nach dem gemeinsamen Frühstück werden daher meist Kleingruppen gebildet, in der Regel nach Alter sortiert.
Die Kleinen haben an diesem Tag beispielsweise schon einen Morgenkreis gebildet, haben gesungen, gebastelt und Fingerspiele gemacht. Die Großen probten unterdessen im Turnraum für die Aufführung des „Rumpelstilzchen“ beim Sommerfest. „Wir Erzieher teilen uns dann auf“, erklärt die Kitaleiterin. In der Freispielphase könnten die Kinder ohnehin selbst entscheiden, was sie tun wollen. Man versuche dabei „die Kinder möglichst in die Selbständigkeit zu bringen“.
In einem solch offenen Konzept müsse man flexibel arbeiten, „und gerade deshalb gut strukturiert“, sagt Daniela Drengenburg. Die Förderung der Kinder stehe im Vordergrund, es gehe um Bewegung, Sprache, Wahrnehmung. Wichtig allerdings sei, die Kinder dabei kognitiv nicht zu überfordern. Das alles müsse spielerisch geschehen. „Spielen ist das Wichtigste“, betont die 43-Jährige. „Da sind wir uns zum Glück alle einig.“
Daniela Drengenburg
Leiterin des Kindergartens Kinderarche Friedrichskothen in Ratingen-Lintorf
Ihr Büro wird zum Spielplatz
Und so haben auch die Teilzeit-Fotomodels an diesem Vormittag schon einiges erlebt. Während Jona und Vincent, auch im Bild vorneweg rennend, ihre Vormittage mittlerweile in der Grundschule verbringen, hat der vierjährige Leon bereits im Gemüsegarten vorbeigeschaut. Leonie und Filippa haben derweil aus Glitzersteinen einen Turm gebaut, mitten im Büro von Daniela Drengenburg. „Wir dürfen das“, meinen die Vierjährigen bestimmt – und die Kitaleiterin nickt. Nico hat währenddessen im Garten mit dem Ball gespielt. Der Turnraum, den er so mag, ist ja durch die Theatergruppe belegt. Doch für ihn ist das „okay“, wie er sagt. Dann ist das Interview jedoch plötzlich beendet: Die Knirpse haben im Gras einen Käfer entdeckt, der nun ihre volle Aufmerksamkeit beansprucht.
„Ach, ich habe so tolle Kinder“, schwärmt Daniela Drengenburg – und ist froh, dass sie trotz Leitungsfunktion weiterhin einen Teil ihrer Arbeitszeit mit diesen verbringen kann. Das war ihr wichtig, als sie vor sechs Jahren von der Kita im Walter-Kobold-Haus in Düsseldorf-Wittlaer, ebenfalls in Trägerschaft der Graf Recke Stiftung, zur Kinderarche Friedrichskothen gewechselt ist. Diese sei damals noch von der evangelischen Kirchengemeinde Lintorf-Angermund geführt worden, erzählt sie. Nach dem Trägerwechsel sei sie „nun also doch wieder bei der Stiftung gelandet“, meint sie mit einem Lachen. „Dann gehöre ich wohl hier hin.“ Hier, wo Alt und Jung so gut zusammengehen.