Ein spürbarer Unterschied
Angehende Pflegefachkräfte des Evangelischen Fachseminars für Pflegeberufe in Essen waren im Ahorn-Karree zu Besuch. Die Teilnehmenden eines Erweiterungskurses zeigten sich beim Rundgang beeindruckt vom dort praktizierten Umgang mit Menschen mit schwerster Demenz. Für ihre Dozentin ist das Leuchtturmprojekt der Graf Recke Stiftung im Dorotheenviertel Hilden „schon ein bisschen Vorreiter“.
Es war ein ganz besondere Gruppe, die gegen Jahresende dem Ahorn-Karree im Dorotheenviertel Hilden einen Besuch abstattete: Sechs angehende Pflegefachkräfte aus einem Erweiterungskurs am Evangelischen Fachseminar für Pflegeberufe in Essen ließen sich von Alexandra Czenia-Kunz vom Aufnahmemanagement die etwas andere Einrichtung für Menschen mit schwerster Demenz zeigen. Nach rund zwei Stunden Führung seien die Auszubildenden vom Bau genauso beeindruckt gewesen wie vom Konzept der Einrichtung der Graf Recke Stiftung, berichtet ihre Dozentin Dr. Jennifer Wellen. „Es war sicher nicht das letzte Mal, dass wir nach Hilden kamen, vielleicht das nächste Mal mit einem ganzen Kurs.“
Den Anfang allerdings machte bei der Premiere eine Abordnung aus dem so genannten E-Kurs, alle im zweiten Jahr ihrer generalistischen Pflegeausbildung: Sie hatten sich durch gute Leistungen für dieses Förderprogramm des Fachseminars empfohlen, wo sie in einer kleineren Gruppe „mal über den Tellerrand hinausschauen, in dem man Dinge unternimmt, die im regulären Unterricht schwer umsetzbar wären“, wie Jennifer Wellen erläutert. Kleinere wissenschaftliche Projekte gehören ebenso dazu wie etwa Exkursionen. Und der Erweiterungskurs wollte laut der Dozentin unbedingt einmal eine Einrichtung speziell für Menschen mit Demenz besuchen. „Bei der Recherche sind wir dann ziemlich schnell beim Ahorn-Karree gelandet“, berichtet sie.
Für die Stiftung, die regelmäßig Führungen durch den noch nicht bewohnten Bereich des im September 2023 eröffneten Leuchtturmprojekts anbietet, war dieses Interesse ebenfalls ein Gewinn: „Wir möchten insgesamt Menschen für das Ahorn-Karree begeistern und perspektivisch auch Fachkräfte gewinnen“, erläutert Anja Paulus. Sie hatte die Besuchergruppe als Vertreterin des Referats für Kommunikation & Kultur ebenfalls begleitet – und dabei äußerst interessierte Auszubildende erlebt. „Es ging bei den zahlreichen Fragen beispielsweise um die Zusatzqualifizierung zur Präsenzkraft bei uns, aber auch um das Alltagsgeschehen in den Hausgemeinschaften“, erzählt Anja Paulus.
Bewohner bestimmen den Rhythmus
Denn insbesondere die kleinen Wohneinheiten, abgestimmt auf den jeweiligen Lebensstil der dort lebenden Menschen, haben bei den angehenden Pflegefachfrauen und -männern, die den praktischen Teil ihrer Ausbildung bei unterschiedlichen Trägern absolvieren, Eindruck hinterlassen: Nach dem Rundgang hätten sich laut ihrer Kursleiterin grundsätzlich alle sechs vorstellen können, nach ihrem Examen in einer solchen Einrichtung zu arbeiten. „Die Schüler waren schon sehr begeistert, wie im Ahorn-Karree mit Menschen mit Demenzerkrankung umgegangen wird, viel bewusster in jedem Fall“, sagt Jennifer Wellen. Der Tagesrhythmus beispielsweise sei „ganz auf die Bewohner ausgerichtet, damit sie mit ihrer Erkrankung sie selbst sein können“, meint sie. Man sehe und spüre einen Unterschied.
Die Schüler waren schon sehr begeistert, wie im Ahorn-Karree mit Menschen mit Demenzerkrankung umgegangen wird, viel bewusster in jedem Fall.
Und so könnte sich Jennifer Wellen gut vorstellen, dass es künftig verstärkt solch spezialisierte Einrichtungen in der Altenpflege geben wird. In diesem Sinne sei das Ahorn-Karree der Graf Recke Stiftung „schon ein bisschen Vorreiter“. Sicherlich, die Kosten, das entsprechende Personal, es gebe auf dem Weg viele Hindernisse und Herausforderungen, so die Dozentin des Essener Fachseminars. Doch in Hilden zeige sich, dass es grundsätzlich gehe. „Man muss sich einfach bewegen.“
Info: Die generalistische Ausbildung
2020 wurde die generalistische Pflegeausbildung eingeführt und ersetzt die bisherigen Ausbildungsgänge in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege. Die Ausbildung schließt nach drei Jahren mit dem Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ beziehungsweise „Pflegefachmann“ ab. Die generalistische Ausbildung ist dual angelegt und besteht aus theoretischem und praktischem Unterricht an Pflegeschulen sowie einem praktischen Teil bei einem Ausbildungsträger. Rund 2.100 Stunden entfallen auf Theorie, die praktische Ausbildung umfasst 2.500 Stunden. Durch die Wahl des Trägers wird zwar von Beginn an ein Schwerpunkt gesetzt, Einsätze in allen weiteren Pflegefeldern sind jedoch obligatorisch. Dies soll die Auszubildenden befähigen, Menschen aller Altersstufen in allen Versorgungsbereichen zu pflegen. Durch die Neuordnung ist die Ausbildung anspruchsvoller geworden, es ergeben sich andererseits vielfältigere Berufs- und Karrieremöglichkeiten. Der generalistische Abschluss ist zudem in allen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt.