»Die Impfungen waren der Schlüssel, aber eine Pflicht hätte es nicht gebraucht«

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Pandemiekoordinator Marek Leczycki über den Weg von der Pandemie in die Endemie, die einrichtungsbezogene Impfpflicht, das hohe Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeitenden und wie es nun weitergehen könnte.

Lieber Herr Leczycki, Sie sind seit Anfang März 2020 Pandemiekoordinator der Graf Recke Stiftung. Die Coronalage war ja auch in der bei uns zeitweise dramatisch. Wie schätzen Sie denn die aktuelle Lage in der Stiftung ein?

Leczycki Seit es im März 2020 zu ersten Coronainfektionen in Nordrhein-Westfalen gekommen ist haben wir einen schweren Weg hinter uns. Im Gegensatz dazu ist die aktuelle Lage tatsächlich unauffällig.

Sie haben ja vor längerer Zeit, ich glaube sogar schon im September 2021, davon gesprochen, dass die Pandemie bereits auf dem Weg war, endemisch zu werden, also schon damals das Ende der Pandemie zumindest innerhalb der Graf Recke Stiftung in Aussicht gestellt.

Ja, das ist richtig und das sehe ich weiterhin so, denn mit den Impfungen hatten wir zu dem Zeitpunkt etwas, das unsere Klienten und unsere Mitarbeitenden wirksam schützt. Bis dahin hatten wir nur die Masken und die Tests. Wenn es heute zu Infektionen kommt, sind die Verläufe, anders als vor den Impfungen, gerade bei älteren Menschen meist sehr mild oder gar asymptomatisch. Die Pandemie lässt sich klar in zwei Phasen teilen: Vor der Impfung und nach der Impfung. Es kommt heute kaum mehr zu schweren Verläufen. Wir haben unser Immunsystem gestärkt, sowohl durch die Impfungen als auch durch die zahlreichen Infektionen. Seit März 2020 – heute ist es der 17. Januar 2023 – haben wir insgesamt 3.250 Coronafälle gehabt, wobei es auch Menschen gab, die eine Infektion zwei- oder auch dreimal durchgemacht haben. Aber die Impfungen waren der Schlüssel.

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Was bedeutet das, wenn wir jetzt – und selbst der vorsichtige Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat das ja so formuliert – in der endemischen Phase sind. Ist damit also die Pandemie vorbei?

Eine Pandemie bedeutet, dass es weltweit in der Fläche zu Ausbrüchen kommt. In der Endemie ist das Ganze sehr punktuell, und das sieht man ja jetzt ganz deutlich. Ich habe über die ganze Pandemie immer den Vergleich mit der Influenza vermieden, aber an dieser Stelle kann man das nun auch mit einer Grippewelle vergleichen.

Das Thema Impfungen ist natürlich sehr positiv besetzt. Nicht so positiv besetzt ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die im Frühjahr 2022 eingeführt wurde.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht betraf alle Menschen, die in den Gesundheitsberufen tätig sind. Bei uns in der Stiftung sind das die Menschen, die in der Alten- und in der Eingliederungshilfe tätig sind. Mit dem 31. Dezember letzten Jahres ist diese einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgelaufen. Ich sprach heute noch im Pandemiestab darüber und wir waren dort alle derselben Meinung: dass das die richtige Botschaft war, aber mit den falschen Mitteln und zu spät. Denn als die einrichtungsbezogene Impfpflicht kam, waren ja hier die meisten Kolleginnen und Kollegen bereits geimpft. Es haben dann noch wenige nachgezogen. Die Zahl der Mitarbeitenden, die gar nicht geimpft sind, befand sich schon bei Einführung der Impfpflicht im Promillebereich.

Marek Leczycki

ist seit März 2020 Pandemiekoordinator der Graf Recke Stiftung.

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Was gab es für diese wenigen ungeimpften Mitarbeitenden für Konsequenzen?

Nachdem wir unserer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen waren und die – aus unterschiedlichen Gründen oder Motiven – nicht geimpften Kolleginnen und Kollegen gemeldet hatten, sind die Gesundheitsämter auf uns zugekommen. Es gab daraufhin Anhörungen, in denen wir mitgeteilt haben, dass wir auf diese Mitarbeitenden nicht verzichten können. Eine Konsequenz gab anschließend es nicht.

Sicherlich ein Grund, warum die einrichtungsbezogene Impfpflicht dann stillschweigend ausgelaufen ist…

Genau. Aber wie gesagt, es war die richtige Botschaft. Eine Pflicht hätte es nicht sein müssen, denn das, was ich bei den Mitarbeitenden mitbekommen habe während der Pandemie, das war ein hoher Grad an Verantwortung – was das Maskentragen angeht, was die Impfbereitschaft angeht, das brauchte der Gesetzgeber nicht noch mal über eine Impfpflicht zu steuern.

Das ist auch ein wesentlicher Punkt in der Bilanz der Pandemie, wenn wir die jetzt mal ziehen wollen in der Hoffnung, dass es wirklich das Ende der pandemischen Phase ist: diese hohe Verantwortung seitens der Mitarbeitenden, die da deutlich geworden ist. Wenn wir uns das Ziel nochmal vor Augen führen, das am Anfang der Pandemie vor fast drei Jahren ausgerufen wurde: Damals ging es vor allem darum, die vulnerablen Gruppen zu schützen, also die älteren Menschen und die, die aufgrund von Vorerkrankungen oder einer Behinderung eben auch zu den Risikogruppen zählen. Würden Sie sagen, dieses Ziel wurde mit der Impfkampagne vor ungefähr zwei Jahren bereits realisiert?

Eine Null-Covid-Strategie ist bei uns nie aufgegangen und haben wir auch so nie verfolgt.

Marek Leczycki

Wir haben als Stiftung und im Pandemiestab immer die Prämisse verfolgt, höchstmögliche Vorsicht walten zu lassen, zuallererst durch Maßnahmen wie Abstand, Lüften und insbesondere Masketragen. Aber was wir nicht konnten, das war eine Null-Covid-Strategie. Das ist bei uns nie aufgegangen und diese Strategie haben wir auch so nie verfolgt. Wir kamen schon Anfang 2020, also im März, April, sehr schnell zu der Erkenntnis, dass wir mit Infektionen leben müssen. Aber wir mussten eine Infrastruktur aufbauen, um dort, wo wir einen Infektionsherd feststellen, diesen zusammen mit dem Gesundheitsamt einzudämmen. Wie wir vor allem im Winter 2020/21 gesehen haben, ist das nicht immer möglich gewesen, wir haben acht Menschen verloren, die nachweislich aufgrund von Corona verstorben sind. Das waren schlimme Zeiten, auch wenn wir insgesamt gut durch die Pandemie gekommen sind. Als die ersten Impfdosen bei uns ankamen, war das ein Glücksgefühl, ein Meilenstein.

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Das klingt alles sehr positiv, und tatsächlich darf man das, glaube ich, auch positiv sehen. Nichtsdestotrotz stellt sich natürlich jetzt die Frage, wie es weitergeht. Leinen los und alles wie vor der Pandemie?

Es sollte definitiv wieder Normalität Einzug halten, aber mit Vorsicht. Wir sind noch mitten in der Winterwelle. Und deshalb werden wir im Pandemiestab so vorgehen, wie wir die letzten drei Jahre vorgegangen sind, und je nach Situation entscheiden. Unsere Mitarbeitenden in der Altenhilfe oder in der Eingliederungshilfe erleben außerhalb der Arbeitswelt wieder diese Normalität, wie sie sie vor der Pandemie kannten. Aber uns muss klar sein, dass wir mit Menschen arbeiten, die zu den Risikogruppen gehören, und da ist immer noch große Vorsicht geboten. Hier gilt es weiterhin, Masken zu tragen. Für die Mitarbeitenden und die Besucher in den Einrichtungen gibt es auch weiterhin ein Testkonzept. Wir schützen die uns anvertrauten Menschen durch diese Vorsicht ja auch gegen andere Infektionskrankheiten, die gerade umgehen.

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