Offroad fahren, das bedeutet, dass es etwas holpert. Aber auch jenseits gut ausgebauter Wege kann man ein Ziel erreichen. So wie in der Projektklasse "Offroad".
Die Projektklasse "Offroad" ist eine Brücke zwischen den Förderschulen und den Wohngruppen der Jugendhilfe der Graf Recke Stiftung. Es kommt immer wieder vor, dass Schülerinnen und Schüler in der Schule nicht zurechtkommen – bei aller individueller Betreuung. Dann kommt "Offroad" ins Spiel.
Seit Jahresbeginn hat die Projektklasse ihren Standort auf dem Campus der Graf Recke Stiftung in Düsseldorf-Wittlaer. Dort gibt es Jugendhilfe-Wohngruppen für Kinder und Jugendliche, die teilweise auch die Schulen der Stiftung auf dem Gelände besuchen. Das Projekt hat dort einen ehemaligen Gymnastikraum belegt, in Sichtweite zur Schule, aber räumlich getrennt. Und das soll so sein.
Cathérine Zaumseil im Video-Interview
Denn wenn im Unterricht nichts mehr geht, geht die Schülerin oder Schüler rüber zu Cathérine Zaumseil: Abstand, aber kein Abbruch. Die Leiterin des Offroad-Projekts hilft beim "Runterkommen", macht Angebote vom Backen bis zum Schachspielen, vom Toben in der benachbarten Turnhalle bis zum Musik hören und vielem mehr. Erst wenn eine Schülerin oder ein Schüler wieder bereit sind, sich auf Schule einzulassen, geht es wieder in den Unterricht.
Ohne die Projektklasse würden die Kinder und Jugendlichen einfach in ihre Wohngruppen zurückgeschickt. "Wir wollen die Wohngruppen entlasten, wenn Kinder schulaversives Verhalten zeigen oder nicht den ganzen Schultag absolvieren können", erklärt Projektleiterin Zaumseil. Schulaversiv – das ist ein Begriff für alle Formen der Ablehnung von Schule. Die Projektklasse Offroad begleitet die Schülerinnen und Schüler, ohne dass die aus der Schulaufsicht entlassen werden, bis sie wieder in den schulischen Ablauf zurückkehren können. Das gilt sowohl für solche, die kurzzeitig aus dem Unterricht "geflogen" sind, wie auch solche, die nach längerer Schulabwesenheit wieder vorsichtig herangeführt werden sollen. Das Ziel: Wiederannäherung an Schule durch positive Beziehungsarbeit.
Cathérine Zaumseil hat den Bachelor in Wirtschaftspsychologie und Sozialpädagogik. Einige Zeit habe sie in der Wirtschaft gearbeitet, was ihr Spaß gemacht habe. Doch: "Ich habe eine große Leidenschaft für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, besonders mit herausfordernden." In ihrem vorherigen Beruf habe ihr oft die konkrete Rückmeldung gefehlt. Hier, an der Schnittstelle von Förderschulen und Jugendhilfe, sei das anders. "Die Kinder und Jugendlichen kommen gerne ins Offroad und genießen die Zeit, das zeigen sie einem auf ihre Art und Weise", hat Cathérine Zaumseil beobachtet. "Und das widergespiegelt zu bekommen, ist einfach herzerwärmend."
Und das widergespiegelt zu bekommen, ist einfach herzerwärmend.
Diana Seng, Leiterin der Minna-Schule, freut sich, dass das Projekt nach mehreren Anläufen nun so gut läuft: "Mit der Projektklasse Offroad sind wir jetzt erstmals richtig angekommen. Die Schülerinnen und Schüler haben eine gute Anbindung und gehen da gern hin." Dem Team, bestehend aus der Projektleiterin und einer Mitarbeiterin, sei es "gut gelungen einfach, ein Projekt zu erschaffen, das Anklang bei allen gefunden hat. Es wird von Lehrern, Pädagogen und Schülern gleichermaßen akzeptiert." Für sie ist das Projekt Offroad ein Segen: "Wenn jemand überhaupt keine Anbindung an Schule hat, dann ist das der letzte Strohhalm."
Ihr Kollege Benedikt Florian leitet die Ferdinand-Schule und freut sich, dass Offroad "stabil angelaufen" sei. Frau Zaumseil netzwerkt ordentlich und ist mit allen in Gespräch." Leider sei das Angebot aber noch nicht refinanziert. "Das wird zurzeit noch als Zusatzleistung von der Graf Recke Stiftung als Schulträgerin subventioniert."
Aber auch für diese noch offene Frage gilt: Auch holprige Wege führen zum Ziel.